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Januskinasen in der
Rheuma-Therapie

Wien, 12. Mai 2020  

Wien, 12. Mai 2020 – Beinahe jeder vierte Österreicher ist Rheuma-Patient. Rheuma dient dabei als Sammelbegriff für über 400 verschiede entzündliche Immunerkrankungen, die vorwiegend den Stütz- und Bewegungsapparat betreffen und ganz unterschiedliche Ausprägungen aufweisen können. Mit Januskinase-Inhibitoren steht seit rund drei Jahren eine neue Option in der Therapie der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung, die aktuell speziell in punkto Remission hervorragende Ergebnisse erzielt. Fragen rund um diese neuen Therapie-Optionen diskutierten heute Rheumatologe Priv. Doz. Dr. Johannes Grisar und Dr. Isabella Presch, Medical Director bei AbbVie in Österreich.

Geschwollene Gelenke und Bewegungseinschränkungen sind typische Symptome von Rheuma, Schmerzen dabei oft lebenslange Begleiter. Rheuma stellt nicht immer eine Erkrankung des Alters dar, die chronische Erkrankung macht auch vor Kindern nicht Halt. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer. Rheuma ist in seinen Ausprägungen vielfältig und lässt sich in entzündlich und nicht-entzündlich einteilen. Von besonderer Bedeutung für die Januskinasen-Inhibitoren-Therapie ist die rheumatoides Arthritis (auch chronische Polyarthritis genannt).

Entzündliches Rheuma, eine Erkrankung als lebenslanger Begleiter
Die Rheumatoide Arthritis stellt die häufigste Form von chronisch-entzündlichen Systemerkrankungen dar. In Österreich sind knapp 80.000 Personen davon betroffen – drei Viertel davon Frauen. Kriterien wie mehr als zwei geschwollene Gelenke und eine Morgensteifigkeit von über einer Stunde gelten als typische Verdachtsmerkmale. Begleitet werden diese Symptome häufig von Schwäche, Müdigkeit und einem anhaltenden Krankheitsgefühl. Bei der rheumatoiden Arthritis kommt es aufgrund einer Fehlsteuerung des Immunsystems zu einer Entzündung der inneren Schichten der Gelenkskapsel, die eine Zerstörung der Gelenksknorpel bzw. des gesamten Gelenkes zur Folge haben kann. Diese Gelenksentzündungen können wiederkehrend oder ständig bestehend auftreten. Sehr häufig steht bei der Behandlung der rheumatoiden Arthritis die Milderung der Symptome, des Schmerzes und der Schwellungen von Gelenken im Vordergrund. Betroffene sehen demnach ihre Erkrankung als „gut behandelt“ oder „unter Kontrolle“, wenn sie schmerzfrei sind. Bei einem zielorientierten Vorgehen geht es darum, Patienten zu helfen, eine geringe Krankheitsaktivität zu erreichen.

Januskinasen und ihre Bedeutung in der modernen Therapie
Mit den Januskinase-Inhibitoren steht seit geraumer Zeit eine moderne Option in der Therapie der rheumatoiden Arthritis zur Verfügung. JAK-Inhibitoren werden als targeted synthetic (ts) DMARDs bezeichnet und sind in mehreren Parametern jenen der Biologika übergeordnet. Januskinasen sind zytoplasmatische Tyrosinkinasen, die an Zytokin-Rezeptoren binden. Zytokin-Rezeptoren besitzen keine eigene Enzymaktivität und benötigen daher die Kinasen JAK1, JAK2, JAK3 oder TYK2, um intrazelluläre Signalkaskaden zu aktivieren. Nach Aktivierung über so genannte STAT-Proteine vermitteln sie Effekte ins Zellinnere, Januskinasen fungieren somit als Mittler zwischen „Außen“ und „Innen“. Bindet im Extrazellulärraum ein Zytokin an seinen Rezeptor, nehmen sie dieses Signal intrazellulär wahr und geben es an ein anderes Molekül weiter. Januskinasen sind Team-Player. Sie entfalten ihre Funktion nur als Tandem. Je zwei Mitglieder der JAK-Familie, die aus den vier Proteinen JAK1, JAK2, JAK3 und TYK2 (Tyrosinkinase 2) besteht, bilden ein Paar, das spezifisch für eine Gruppe von Zytokinrezeptoren ist. Ohne JAK-Aktivität kann das Signal, das im Extrazellulärraum auf Zytokinrezeptoren trifft, nicht ins Zellinnere und in den Zellkern gelangen. Damit wird die Kaskade unterbrochen, was bei diversen Krankheiten wie beispielsweise der rheumatoiden Arthritis therapeutisch erwünscht ist. Januskinase-Inhibitoren übertreffen bisherige Therapie-Möglichkeiten in vielen Punkten. JAK-Inhibitoren sind in ihrer Handhabung unkompliziert, müssen weder gekühlt noch gespritzt werden und können im Unterschied zu vielen anderen Therapien auch als Monotherapie angewendet werden. Neben der entzündungshemmenden Funktion verhindern Januskinase-Inhibitoren viele Begleitsymptome wie Müdigkeit oder Schmerzen und weisen deutlich höhere Ansprechraten auf, als andere Therapieformen. Das Ziel der Rheuma-Remission kann so schneller und häufiger erreicht werden.

Remission ist möglich
Rheuma stellt eine unheilbare Erkrankung dar. Es ist aber möglich, einen Zustand zu erreichen, in dem die Symptome kontrollierbarer sind und sich nicht auf den Alltag der Patienten auswirken: eine sogenannte Remission. Medizinisch bedeutet das eine effektive Krankheitskontrolle und Symptomlinderung. „Eine Remission ist nur möglich, weil moderne Medikamente gezielt ins Krankheitsgeschehen eingreifen und die entzündungsverursachenden Prozesse im Körper hemmen. Besonders mit den Januskinase-Hemmern erreichen Patienten in nur wenigen Wochen einen langanhaltenden Krankheitsstillstand und die Möglichkeit, ein normaleres Leben führen zu können,“ so der Experte Priv. Doz. Dr. Grisar.

Weitere moderne Therapien
Für Menschen mit dieser chronisch entzündlichen Immunerkrankung gibt es somit keine Heilung. Ziel einer Behandlung ist es, die Symptome zu lindern und dem Patienten ein möglichst beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Der Tumor-Nekrose-Faktor-alpha dient dabei als ein zentraler Regulator im Immunsystem. Bei chronisch entzündlichen Erkrankungen wie z. B. der rheumatoiden Arthritis führen seine proinflammatorischen Eigenschaften zu schweren Entzündungsreaktionen und degenerativen Schäden. Insgesamt existieren zwei TNF-Rezeptoren: Der Typ-1-Rezeptor wird in den meisten Körpergeweben gefunden und ist für die Mehrzahl der proinflammatorischen Effekte verantwortlich. Typ-2-Rezeptor ist nur auf Immun-, Endothel- oder neuronalen Zellen nachweisbar. TNF-alpha aktiviert über drei verschiedene Signalwege die Synthese von Proteinen im Zellkern, die bei Zelldifferenzierung und Zellproliferation sowie inflammatorischen Prozessen eine Rolle spielen. TNF-alpha-Antagonisten sind in der Behandlung von chronisch entzündlichen Erkrankungen wirksam und verbessern die Lebensqualität der Patienten.

Interleukine gehören zu den Zytokinen, das heißt, sie sind körpereigene Botenstoffe der Zellen des Immunsystems, die proinflammatorisch oder antiinflammatorisch wirken können. Interleukine vermitteln die Kommunikation zwischen Leukozyten, aber auch anderen an der Immunreaktion beteiligten Zellen. Nach der Reihenfolge ihrer Entdeckung werden sie in mehrere Untergruppen unterteilt, die durch Zahlen gekennzeichnet werden. Die Wirkung der Interleukine ist dabei höchst unterschiedlich. Bisher sind etwa 38 unterschiedliche Interleukine eindeutig identifiziert. Jedem Zytokin der Interleukingruppe ist nomenklatorisch eine Zahl zu ihrer Klassifikation zugewiesen (IL-1 bis IL-38). Interleukine regen bestimmte Zellen des Immunsystems zu Wachstum, Reifung und Teilung an oder verhindern genau diese Prozesse der Aktivierung. Interleukin ist beispielsweise mitverantwortlich für Entzündungsprozesse bei chronisch entzündlichen Erkrankungen des Immunsystems wie der Schuppenflechte (IL-23) und der rheumatoiden Arthritis (IL-6).

Vom Wirkstoff zum Medikament
Stillstand der Krankheitsaktivität bei einer chronischen Erkrankung ist das Ergebnis von Fortschritten in der Behandlung sowie dem frühen Zugang zu klinischen Studien und innovativen Wirkstoffen. Laut „Innovation Union Scoreboard 2017“ (IUS) der Europäischen Kommission gehört Österreich nicht nur zu der Gruppe der „Strong Innovators“, sondern liegt mit einer Forschungsquote von 3,12 Prozent weit über dem EU-28-Durchschnitt von 2,03 Prozent.

„Neue Medikamente sind in den wenigsten Fällen ein Zufallsprodukt: Von der Entdeckung eines Behandlungsansatzes bis zu einem fertigen und zugelassenen Wirkstoff dauert es im Allgemeinen 10 bis 12 Jahre“, erläutert Dr. Isabella Presch, die in Österreich auch die klinischen Studien des Unternehmens leitet. Dass ein Wirkstoff überhaupt in eine klinische Prüfung kommt, ist abhängig davon, ob die Wirksamkeit und Sicherheit gegeben sind. In der wichtigen und entscheidenden klinischen Forschung angekommen, werden in den so genannten Phase-I bis Phase-III-Studien Wirksamkeit und Sicherheit des Wirkstoffs unter Beweis gestellt. Nach etwa 10 Jahren erfolgreicher Forschung kommt es schließlich zur Zulassung, gefolgt von Phase-IV-Studien, die weitere Daten zum zugelassenen Medikament hervorbringen. AbbVie führt in Österreich derzeit 42 klinische Studien durch und blickt auf über zehn Jahre Expertise in der Erforschung von Erkrankungen des Immunsystems zurück.

Fact sheets
Einblicke in den JAK-STAT-Signalweg

Rheumatoide Arthritis Remission erreichen und aufrechterhalten

Rheumatoide Arthritis